Dissen bleibt auf Großteil der Krippenkosten sitzen

Der Bund garantiert Kleinkindern einen Betreuungsplatz. Der Landkreis als Jugendhilfeträger ist dafür zuständig, dass es diese Plätze gibt. Und die Gemeinden müssen sie schaffen – und den Löwenanteil der Kosten bezahlen. Für Teile der SPD-Fraktion im Dissener Rat ist das ein Unding. Umso mehr, als der Landkreis an die Kommunen einen Brief verschickt hat, der sie dazu anhält, auf einen ausgeglichenen Haushalt zu achten, wie Bürgermeister Hartmut Nümann voller Zorn berichtete.

Die Übernahme der Kosten ist eigentlich Aufgabe des Landkreises. 1976 hatten Kommunen und Kreis jedoch vereinbart, dass die Gemeinden für Organisation und Finanzierung der Kinderbetreuung geradestehen.

Nach einer neuen, im April geschlossenen Vereinbarung verpflichtet sich der Kreis nun, sich jährlich mit bis zu 3,5 Millionen Euro an den Betriebskosten für Krippen in den 21 Gemeinden zu beteiligen. Die Kommunen verpflichten sich im Gegenzug, für die Gewährleistung des Rechtsanspruchs einzustehen, obwohl diese originäre Aufgabe des Kreises ist. Die Sprecher der beiden großen Gruppen im Kreistag, CDU, FDP und UWG sowie SPD und UWG, versprechen den Kommunen, dass der Landkreis helfen werde, sollte die Nachfrage nach Betreuungsplätzen für unter dreijährige Kinder über Gebühr steigen – ohne schriftliche Garantie.

Für Dissen bedeutet das: Ab August müssen mehr Krippenplätze angeboten werden. Dafür erhält die Stadt vom Kreis knapp 22000 Euro Zuschuss. Im kommenden Jahr werden es 58000 Euro sein. Der tatsächliche Zuschussbedarf für die Stadt liegt bei 500000 Euro pro Jahr. Der Rat stimmte der Vereinbarung mit 14 von 23 Stimmen zu.

Die Diskrepanz zwischen Kosten und Erstattung war zuvor für Heinz-Günter Stolle (SPD) Anlass zu herber Kritik: „Das ist eine Unverschämtheit. Erst recht, wenn der Landkreis gleichzeitig mit seinem guten Haushalt prahlt.“ Deshalb solle Dissen ein Zeichen setzen und die Vereinbarung nicht abschließen. Dem stimmte Wilhelm Meyer zu Erpen (Grüne) zu.

Dass Stolle im Prinzip recht habe, bestätigte Jochen Meyer zu Drewer (CDU). „Vom Rat sollte ein lauter Aufschrei kommen. Wenn es nicht um die Kleinsten ginge, sollten wir die Vereinbarung boykottieren.“ Ähnlich sah es Derk van Berkum (SPD): „Wir haben die Wahl zwischen Not und Elend.“ Doch das jetzige Modell sei „besser als nichts“. Deshalb wolle er zustimmen.

Für den Vertrag warb Meike Krüger (CDU): „Es ist positiv, dass der Landkreis in die Finanzierung einsteigt – ohne Erhöhung der Kreisumlage.“ Krügers Lob fand Hans-Peter Voß (SPD) verfehlt: „Wir sind keine Vertreter des Landkreises, sondern der Stadt Dissen.“ „Familienpolitik ist Sache des Staates, aber wenn wir auf unserem Recht beharren, steigt die Kreisumlage“, gab Kämmerer Ulrich Strakeljahn zu bedenken.

Bürgermeister Nümann ärgerte sich mit Blick auf die Verpflichtung der Gemeinde zur Übernahme der Krippenkosten über einen Brief des Ersten Kreisrates Stefan Muhle, in dem dieser die Gemeinden ausdrücklich zur Entschuldung auffordert. Eine Bevormundung, wie Nümann findet: „So geht man nicht miteinander um.“